Vierte Parlamentswahl in Israel binnen zwei Jahren hat begonnen

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Unter dem Eindruck eines Korruptionsprozesses gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und einer erfolgreichen Corona-Impfkampagne der Regierung hat in Israel am Dienstag die Parlamentswahl begonnen. 6,5 Millionen Bürger waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Für die Wahlberechtigten ist es bereits der vierte Urnengang innerhalb von zwei Jahren. Mit einem klaren Ergebnis ist laut Umfragen nicht zu rechnen. 

Netanjahu strebt nach zwölf Jahren an der Macht ein weiteres Mandat an. Der 71-Jährige hofft aufgrund der erfolgreichen Corona-Impfkampagne sowie der vor kurzem erfolgten Normalisierung der Beziehungen Israels zu vier arabischen Staaten auf das Wohlwollen der Wähler. Der Regierungschef, der sich wegen Korruption in mehreren Fällen vor Gericht verantworten muss, steht bei vielen Bürgern aber auch in der Kritik. 

Experten sehen die Wahl in erster Linie als Referendum über Netanjahu. Meinungsumfragen zufolge dürfte seine nationalkonservative Likud-Partei stärkste Kraft im Parlament bleiben, die Mehrheit von 61 Sitzen jedoch deutlich verfehlen und Probleme haben, eine stabile Koalition zu bilden. 

Doch auch seinem größten Herausforderer Jair Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) dürfte es kaum gelingen, das heterogene Lager der Netanjahu-Gegner in ein stabiles Bündnis zu führen. Nach jüngsten Umfragen dürfte das rechtsgerichtete politische Lager insgesamt bis zu 80 Mandate gewinnen. 

Um eine stabile Regierung bilden zu können, müsste Lapid deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bündnis mit Vertretern der Ultrarechten eingehen. Als Königsmacher gilt dabei der einstige Netanjahu-Verbündete und Ex-Verteidigungsminister Naftali Bennett, der ein Bündnis mit Netanjahu ausgeschlossen hat. Eine wichtige Rolle in der Regierungsbildung könnte auch dem ehemaligen Likud-Politiker Gideon Saar zukommen. Bei der Gründung seiner Partei Neue Hoffnung im vergangenen Jahr hatte Saar angekündigt, Netanjahu “ersetzen” zu wollen. 

Beobachter befürchten, dass dem Land angesichts der Zersplitterung des Parteiensystems eine fünfte Wahl drohen könnte. “Ich habe nicht viel Hoffnung”, sagte der Doktorand Amit Fischer zu AFP. “Ich denke, es wird eine fünfte Wahl geben.” Es gebe zu viele kleine Parteien und zu viele Politiker mit einem zu großen Ego, sagte der 35-Jährige, der selbst für Lapids Jesch Atid gestimmt hatte. “Sie werden sich auf nichts einigen.”

Die Beteiligung lag laut Wahlkommission bis zum Mittag bei rund 25 Prozent. Bei der vorhergehenden Wahl im März 2020 lag sie zu dem Zeitpunkt bei 27,6 Prozent.

Netanjahu zeigte sich bei der Stimmabgabe am Dienstag hoffnungsvoll, dass “dies die letzte Wahl” für die kommenden Jahre sein werde und die politische Krise in Israel beendet werden könne. Um eine tragfähige Regierungskoalition zu bilden, müsste Netanjahu sich allerdings die Unterstützung einer Reihe kleiner Parteien sichern, darunter möglicherweise auch der neugegründeten Partei “Religiöse Zionisten”. Sollte die Partei die 3,25-Prozent-Hürde überwinden, würde sie den Extremisten Itamar Ben-Gvir in die Knesset schicken – ein erklärter Bewunderer des jüdischen Attentäters Baruch Goldstein, der 1994 in Hebron 29 Palästinenser ermordete. 

Eine mögliche Einbindung Ben-Gvirs in eine von Netanjahu angeführte Koalition ist auch innerhalb des Likud höchst umstritten. Der prominente Likud-Vertreter und Energieminister Yuval Steinitz bezeichnete ein Bündnis mit dem Extremisten als unangemessen. Netanjahus Herausforderer Lapid warnte vor einer Rechtsaußen-Regierung. “Dies ist der Moment der Wahrheit für Israel”, erklärte er bei der Stimmabgabe in Tel Aviv. Es drohe eine “Regierung der Finsternis, des Rassismus und der Homophobie”.

Die neuerliche Parlamentswahl war nötig geworden, nachdem Netanjahus Koalition mit dem Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiß von Ex-Armeechef Benny Gantz im Streit um den Haushalt für 2021 zerbrochen war. Umfragen zufolge könnte Blau-Weiß den Einzug in das Parlament nun verpassen. Viele von Gantz’ Wählern haben es ihm nicht verziehen, entgegen seines einstigen Versprechens eine Regierung mit Netanjahu eingegangen zu sein. 

Quelle: AFP

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