Pro-kurdischer Politiker nach Mandats-Entzug in der Türkei festgenommen

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In der Türkei ist der vor wenigen Tagen vom Parlament ausgeschlossene pro-kurdische Oppositionspolitiker Ömer Faruk Gergerlioglu festgenommen worden. Gergerlioglu sei in Gewahrsam genommen worden, teilte die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) am Sonntag mit. Das Parlament in Ankara hatte Gergerlioglu am Mittwoch das Abgeordnetenmandat entzogen. Dies sowie die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die HDP hatte massive internationale Kritik hervorgerufen.

Gergerlioglu sei “im Schlafanzug und in Hausschuhen gewaltsam” festgenommen worden, hieß es in der HDP-Mitteilung. Fast 100 Polizisten seien an der Festnahme beteiligt gewesen. Auf einem von der HDP verbreiteten Foto war zu sehen, wie der Abgeordnete, der ein schwarzes T-Shirt trug, aus dem Parlament getragen wurde. Er wirkte, nachdem er mehrere Tage in dem Gebäude verbracht hatte, erschöpft.

Gergerlioglu war in einem umstrittenen Prozess wegen “terroristischer Propaganda” zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Am Mittwoch wurde ihm dann die parlamentarische Immunität entzogen; am selben Tag leitete die türkische Justiz ein Verbotsverfahren gegen die HDP ein. Die Bundesregierung und die EU kritisierten beide Schritte scharf. Das Vorgehen gegen Gergerlioglu und zahlreiche weitere Abgeordnete und Mitglieder der HDP “reihen sich in eine Entwicklung ein, die die rechtsstaatlichen Abläufe in der Türkei in Frage stellt”, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.  

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt die HDP regelmäßig, der politische Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, die im Südosten des Landes und im Nordirak gegen die türkische Armee kämpft. Die HDP weist diese Vorwürfe zurück.

Die türkischen Behörden gehen seit 2016 verstärkt gegen die HDP vor. So wurde ihr Ko-Vorsitzender Selahattin Demirtas festgenommen, der bei Präsidentenwahlen zweimal gegen Erdogan angetreten war. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Dezember die Freilassung von Demirtas gefordert. Erdogan verurteilte dies als “politisch” motiviert. Im Juni hatte bereits das türkische Verfassungsgericht Demirtas’ Inhaftierung als rechtswidrig eingestuft.

Die PKK befindet sich seit 1984 in einem Aufstand gegen die türkischen Behörden. In dem Konflikt wurden mehrere tausend Menschen getötet. Die PKK wird von Ankara und ihren westlichen Alliierten als Terror-Organisation eingestuft. Dutzende HDP-Bürgermeister wurden von den türkischen Behörden abgesetzt. Das Oberste Gericht der Türkei soll sich in den kommenden Wochen mit dem Vorwurf befassen, die HDP arbeite eng mit der PKK zusammen.

Quelle: AFP

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