Treten an einer gekauften Wohnung Mängel auf, können die Käufer im Voraus Schadenersatz in Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Renovierung verlangen – unabhängig davon, ob sie tatsächlich renovieren. Es sei dem Käufer nicht zuzumuten, eine beabsichtigte Mängelbeseitigung vorzufinanzieren, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag. Es ging um eine Wohnung, in der bereits zuvor Feuchtigkeit aufgetreten war und die wieder feucht wurde. (Az. V ZR 33/19)
Die Wohnung war 2014 verkauft worden. Im Vertrag verpflichtete sich der Verkäufer dazu, innerhalb von zwei Jahren eventuell neu auftretende Feuchtigkeit auf eigene Kosten zu beheben. Er hielt sich aber nicht daran, woraufhin die Käufer vor Gericht zogen und Schadenersatz in Höhe der voraussichtlichen Rechnung für die Reparatur forderten.
Das Landgericht Krefeld gab ihnen recht, das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Berufung des Verkäufers zurück. Dieser zog vor den BGH. Dort gab es in der Frage unterschiedliche Auffassungen. Während der für den Fall zuständige fünfte Zivilsenat bis dahin eine solche Schadensberechnung zugelassen hatte, hatte der für das Werkvertragsrecht – also auch fürs Bauen – zuständige siebte Senat seine Rechtsprechung dazu geändert.
Er erlaubt die Erstattung fiktiver Mängelbeseitigung nicht mehr. Die Richter befürchteten nämlich, dass Mängel dadurch überkompensiert werden könnten: Wenn ein Bauherr mit einem kleinen Mangel leben könnte, etwa mit der falschen Fliesenfarbe, könnte er sonst trotzdem den Betrag verlangen, den das Entfernen der Fliesen und das Legen von neuen Fliesen kosten würde. Auf Anfrage des fünften Senats teilte der siebte Senat aber mit, dass die neue Rechtsprechung nur für seinen Bereich, also nur für den Neubau von Wohnungen, gelte.
Der fünfte Zivilsenat entschied nun anders und ließ die Berechnung des Schadens nach der “fiktiven” Mängelbeseitigung zu. Dies ist beispielsweise auf Grundlage eines Gutachtens möglich. Beim Kauf einer Bestandswohnung sei die Gefahr einer Überkompensation nicht groß, erklärte die Vorsitzende Richterin des fünften Zivilsenats, Christina Stresemann, bei der Urteilsverkündung.
In bereits bestehenden Wohnungen gebe es selten Mängel, mit denen der Käufer leben könnte. Mit Feuchtigkeit, Schadstoffen, Schädlingsbefall oder einer fehlenden Baugenehmigung könnten Bewohner eben nicht oder nur schlecht leben.
Der fünfte Zivilsenat hatte zunächst überlegt, den Fall dem großen Senat vorzulegen. Dieser entscheidet, wenn die Rechtsauffassung zweier Senate voneinander abweicht. Da die beiden Senate aber jeweils nur für ihre Zuständigkeit entschieden und sich Kaufrecht und Werkvertragsrecht in dem Punkt unterscheiden, hielten die Richterinnen dies nun nicht mehr für notwendig.
Quelle: AFP