Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Pandemielage in Deutschland als weiter angespannt bezeichnet. “Wir müssen uns noch auf einige sehr herausfordernde Wochen einstellen”, sagte Spahn am Freitag in Berlin. Große Hoffnungen setze er auf die spätestens ab Mitte April vorgesehene Einbeziehung der Hausärzte bei den Corona-Impfungen. “Der Wechsel in die Arztpraxen ist ein entscheidender Schritt.” Die Impfkampagne könne dann “deutlich” an Geschwindigkeit gewinnen.
Spahn widersprach der lauter werdenden Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung in der Corona-Krise. Es müssten auch die Erfolge gesehen werden, etwa der Schutz der besonders gefährdeten älteren Menschen. Mittlerweile könnten viele Pflegeheime auch ihre strikten Besuchsregeln wieder lockern. “Wir haben im europäischen Vergleich bis hierhin auch in der zweiten Welle viele Bürgerinnen und Bürger schützen können.”
Neben den Fortschritten beim Impfen hob Spahn auch die breite Anwendung von Schnell- und Selbsttests als wichtigen Faktor der Pandemiebekämpfung hervor. “In sehr vielen Teilen des Landes” laufe es mit dem Angebot von einem kostenlosen Corona-Schnelltest in der Woche pro Bürgerin und Bürger schon gut. Das sei ein “enormer Erfolg”.
Allerdings dürften die Wirkung von Tests und Impfungen aus den Pandemieverlauf nicht überschätzt werden, schränkte Spahn ein. Die bekannten Regeln wie Handhygiene und Abstandhalten müssten weiter beachtet werden.
Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, appellierte an die Bevölkerung, die Regeln weiter einzuhalten. “Die Impfungen weisen uns den Weg aus der Pandemie”, sagte er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn. Bis jedoch der Großteil der Menschen in Deutschland geimpft sei, “bitte ich uns alle”, weiterhin die Hygieneregeln einzuhalten und die Kontakte zu reduzieren.
“Jetzt stehen wir am Anfang der dritten Welle”, mahnte Wieler. “Und diese dritte Welle müssen wir gemeinsam so flach halten wie möglich.” In einer gemeinsamen Anstrengung könne verhindert werden, “dass wir in die gleiche Situation kommen wie vor Weihnachten – mit vielen Erkrankungen, mit vielen schweren Verläufen und auch mit vielen Todesfällen”.
Wieler wies darauf hin, dass die Corona-Fallzahlen sich seit einiger Zeit “auf zu hohem Niveau” eingependelt hätten. Seit Mitte Februar steige die Inzidenz bei Menschen unter 15 Jahren stark an. Auch gebe es mehr Ausbrüche in Kitas als vor Weihnachten. Dabei spiele möglicherweise die ansteckendere Virusvariante B.1.1.7 eine Rolle.
“Wir laufen einen Marathon”, sagte Wieler mit Blick auf die Pandemie. “Wir befinden uns im letzten Drittel” des Langstreckenlaufs – und dieses sei bekanntermaßen besonders anstrengend. Mithilfe der Impfungen werde aber bald die Zielgerade erreicht. Danach stehe nicht mehr die Bekämpfung des Virus im Mittelpunkt, sondern dessen Kontrolle. “Als Gesellschaft werden wir lernen, damit umzugehen.” Bis dahin müssten alle aktiv zur Eindämmung beitragen. “Der beste Schutz für uns alle ist eine niedrige Inzidenz”, betonte Wieler.
Quelle: AFP