Zum Ablauf der von der Unionsfraktionsführung gesetzten Frist am Freitagabend haben alle Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die geforderte Ehrenerklärung unterzeichnet. Jeder einzelne Abgeordnete hatte schriftlich erklären müssen, keinen finanziellen Vorteile aus pandemiebezogenen Geschäften erhalten zu haben – und alle Abgeordneten seien dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen, schrieben CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Brief an die Unionsparlamentarier, der AFP vorliegt.
Damit sei nach den Affären um Maskengeschäfte und Lobbyismus ein Stück weit Klarheit geschaffen worden, schrieben Brinkhaus und Dobrindt: Durch ihre Mitwirkung hätten die Abgeordneten einen Beitrag dazu geleistet, “damit wir als Union gemeinsam Vertrauen zurückgewinnen können”.
Alle CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten hätten “diese Erklärung unterschrieben und damit klargestellt, dass sie in der Corona-Pandemie mit aller Kraft gearbeitet haben, die Krise zu bewältigen, Bürgern zu helfen und Unternehmen zu unterstützen, ohne einen persönlichen Vorteil daraus zu ziehen”.
Brinkhaus und Dobrindt reagierten damit auf die Maskenaffäre und weitere Fälle von umstrittenem Lobbyismus in ihrer Fraktion; diese hatten dazu geführt, das in den vergangenen Tagen drei Abgeordnete die Fraktion verlassen haben.
Am Mittwoch hatten Brinkhaus und Dobrindt die Abgeordneten dazu aufgefordert, bis Freitag 18.00 Uhr schriftlich zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile aus pandemiebezogenen Geschäften gezogen hätten. Dazu machten sie konkrete Vorgaben: In der Erklärung zu berücksichtigen seien etwaige finanzielle Vorteile “aus dem Kauf oder Verkauf von Medizinprodukten wie etwa Schutzausstattung, Test- und Impfbedarf, aus dem Vermitteln von Kontakten, aus der Weiterleitung von Angeboten oder Anfragen oder aus der Unterstützung oder Beratung Dritter bei solchen Tätigkeiten”.
Die Affären hatten die Union wenige Tage vor den wichtigen Landtagswahlen im Südwesten erschüttert – und eine breite politische Debatte über Lobbytätigkeiten von Abgeordneten ausgelöst. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier etwa warnte am Freitag vor Schaden an der Demokratie. Das Verhalten der betreffenden Abgeordneten sei “schäbig” und “schändlich”, sagte er
Ohne sie beim Namen zu nennen, bezog sich Steinmeier offensichtlich auf die Fälle der bisherigen Unionsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolaus Löbel (CDU), die sechsstellige Beträge für die Vermittlung von Schutzmaskenlieferungen kassiert haben sollen. “Wer sein Mandat gezielt missbraucht, um sich persönlich zu bereichern, der beschädigt nicht nur andere, die redlich ihre demokratische Arbeit tun – der fügt der Demokratie Schaden zu”, betonte er. Solche Menschen hätten “schlicht im Bundestag nichts verloren”.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, alle politisch Verantwortlichen müssten in ihrem Handeln darauf achten, “dass sie insgesamt unserem System der parlamentarischen Demokratie und seinen ethischen Grundsätzen Genüge tun”. Er verwies zugleich darauf, dass es sich um Vorgänge auf der parlamentarischen Ebene handele. Die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung sei davon nicht betroffen.
Die Unionsfraktionsführung entwickelte derweil einen Zehn-Punkte-Plan, um die Transparenzvorschriften im Abgeordnetengesetz deutlich zu verschärfen. Bundestagsabgeordneten solle “die entgeltliche Tätigkeit als Interessenvertreter für einen Dritten gegenüber der Bundesregierung oder im Bundestag” gesetzlich verboten werden, heißt es in dem Papier des Geschäftsführenden Fraktionsvorstands, das AFP am Freitag vorlag. Daraus erworbene Mittel sollen künftig an den Bundestag abgeführt werden, zusätzlich zu einer Geldstrafe.
Die SPD-Bundestagsfraktion kritisierte die Vorschläge umgehend als nicht ausreichend. Fraktionsvize Dirk Wiese erklärte, bei den ganz wichtigen Punkten handele es sich um nicht mehr als ein “Feigenblatt.”
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer bezeichnete die Ehrenerklärung der Unionsabgeordneten spöttisch als “Masken-Schwur”, der “wegen des Schweigens der Kanzlerin einen faden Beigeschmack” habe. Er forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer Stellungnahme auf.
Quelle: AFP