Die EU gewährt der Türkei einen weiteren Aufschub bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Kampf gegen Steuerbetrug. Die portugiesische Ratspräsidentschaft bestätigte am Dienstag, dass die Türkei nicht auf die Schwarze Liste mit Steueroasen gesetzt wird. Diplomaten zufolge wurden Ankara neue Fristen im Juni und September gesetzt, um verlangte Daten zu liefern. Dabei geht es insbesondere um Steuerinformationen von türkischen Staatsbürgern in Deutschland.
Die Türkei bleibt damit vorerst weiter auf der sogenannten Grauen Liste unter Beobachtung. Abschließend soll der Beschluss am Mittwoch von den EU-Botschaftern bestätigt und dann formal am Rande des Außenministertreffens am Montag in Kraft gesetzt werden.
Ein Diplomat sprach von einer “sehr harten” Frist im Juni. Sollte die Türkei hier nicht liefern, werde sie bei der turnusmäßigen Aktualisierung im Oktober auf die Schwarze Liste gesetzt. Dann könnte der Türkei auch die Kürzung von EU-Geldern drohen.
Die Juni-Frist betrifft die Pflicht, den Informationsaustausch mit sechs Mitgliedstaaten zu beginnen, die Ankara bisher nicht mit Daten beliefert. Zu ihnen gehören Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich und die Niederlande.
Ein Diplomat verwies darauf, dass in diesen Ländern fünf der sieben Millionen Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit in der EU leben. Bei dem sechsten Land handelt es sich um Zypern, dessen Regierung die Türkei wegen des Konflikts um die geteilte Mittelmeerinsel nicht anerkennt.
Bei der Frist im September geht es Diplomaten zufolge um die Lieferung von Daten für das Jahr 2019 an alle EU-Länder. Aus einem weiteren Mitgliedstaat hieß es, die Entscheidung, Ankara bei Missachtung der Fristen auf die Schwarze Liste zu setzen, sei “kein Automatismus”. Hierüber müsse dann erneut diskutiert werden.
Die EU-Staaten hatten der Türkei bereits im Februar vergangenen Jahres eine Schonfrist bis Ende Dezember eingeräumt. Im Vorfeld der erneuten Verschiebung hatte es eine kontroverse Debatte unter den Mitgliedstaaten gegeben. Deutschland sprach sich dem Vernehmen nach gegen die Aufnahme aus. Andere Länder kritisierten darauf politische Erwägungen.
Das Verhältnis der EU zur Türkei war in den vergangenen Monaten äußerst gespannt. Zu einer Vielzahl von Konflikten gehört der Streit mit den EU-Mitgliedern Griechenland und Zypern über Gas-Vorkommen im östlichen Mittelmeer.
Insbesondere Deutschland hatte sich für eine Vermittlungslösung mit der Türkei eingesetzt, die eine wichtige Rolle dabei spielt, die Migration nach Europa über die östliche Mittelmeerroute zu begrenzen. Ankara hat immer wieder gedroht, den dazu 2016 mit der EU geschlossenen Migrationspakt aufzukündigen.
Die EU hatte Ende 2017 ihre Gangart gegen Steuerparadiese nach Enthüllungen wie den Panama Papers über weit verbreitete Praktiken von Steuerflucht und -hinterziehung verschärft.
Derzeit stehen zwölf Länder und Gebiete auf der Schwarzen Liste: die britische Karibikinsel Anguilla, die Amerikanischen Jungferninseln, Amerikanisch-Samoa, Barbados, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, die Seychellen, Trinidad und Tobago sowie Vanuatu. Die Liste wird halbjährlich überprüft.
Nach AFP-Informationen wird zugleich mit der Türkei-Entscheidung Barbados von der Schwarzen Liste genommen. Wieder auf die Liste soll der Karibikstaat Dominica gesetzt werden.
Quelle: AFP