Das deutsche Handwerk hat die Beschlüsse der Regierungskoalition zur steuerlichen Entlastung von Unternehmen als “halbherzig” und nicht ausreichend kritisiert. Es sei zwar eine gute Nachricht, dass der steuerliche Verlustrücktrag verdoppelt werde, erklärte der Präsident des Branchenverbands ZDH, Hans Peter Wollseifer, am Donnerstag. Jedoch sei dies angesichts der “riesigen unverschuldeten Liquiditätsprobleme unserer Betriebe in keiner Weise weitreichend genug”.
Die Koalition hatte sich am Mittwochabend darauf verständigt, den sogenannten Verlustrücktrag für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal zehn Millionen Euro beziehungsweise auf 20 Millionen Euro bei sogenannter Zusammenveranlagung anzuheben. Damit können Unternehmen bei der Steuererklärung Verluste aus den Jahren 2020 und 2021 mit Gewinnen aus dem Jahr 2019 verrechnen. Die beschlossene Anhebung des Rücktrags bedeutet, dass sie weniger Steuern zahlen müssen.
Wollseifer erklärte dazu, besser wäre es gewesen, nicht nur den Betrag des Verlustrücktrags temporär zu erhöhen, sondern auch den Rücktragszeitraum zu verlängern. Die Verlustrechnung müsse auf “zwei bis drei Jahre ausgeweitet” werden – denn die Betriebe würden angesichts der Lockdown-Maßnahmen “weiter Verluste machen”. So könnten auch Insolvenzen und letztlich Jobverluste vermieden werden. Der Mittelstandsverband BVMW sprach sich gar für eine Verlängerung des Rücktragszeitraums auf bis zu fünf Jahre aus.
Ähnlich äußerten sich die Grünen. Die Anhebung für 2020 und 2021 “trifft den Kern nicht”, denn sie helfe besonders den Unternehmen, die 2020 trotz Pandemie noch Gewinne gemacht hätten, erklärte Fraktionsvize Anja Hajduk. Gerade der Mittelstand dürfte hiervon weniger profitieren. Nötig sei eine Anhebung und Ausweitung des Verlustrücktrags auf die vergangenen vier Jahre.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete die Ausweitung des Verlustrücktrags hingegen als “wichtigen Schritt in die richtige Richtung”. Damit würden viele mittelständische Unternehmen gestärkt, auf deren Wettbewerbsfähigkeit das Land angewiesen sei, erklärte der Minister. Auch der bis Ende 2022 verlängerte ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für die Gastronomie sei eine “gute Nachricht”. Auch die SPD-Fraktion im Bundestag begrüßte die Corona-Hilfen für Unternehmen.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) lobte die verlängerte Mehrwertsteuersenkung als “richtig, wichtig und mutmachend”. Diese Entscheidung sei eine “wichtige Motivation für die Unternehmer, ihre Betriebe fortzuführen”, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Laut einer Umfrage des Verbands aus dem Januar bangen derzeit 75 Prozent der Betriebe um ihre Existenz.
Der Linken-Politiker Fabio De Masi sagte hingegen, gezielte Verbesserungen bei der Überbrückungshilfe “wären sinnvoller als reduzierte Mehrwertsteuern in der Gastronomie”. Denn diese würden vor allem dort helfen, “wo es noch Umsätze gibt”.
Quelle: AFP