Der Kinderbonus hat sich einer Studie zufolge deutlich positiver auf die Konjunktur ausgewirkt als die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Der Effekt pro eingesetztem Euro aus öffentlichen Mitteln könnte rund doppelt so groß sein, ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Darauf deuteten Ergebnisse einer großen Umfrage hin, die von den Wissenschaftlern mit Resultaten anderer aktueller Analysen abgeglichen wurden.
Die Verteilungseffekte des Kinderbonus fallen demnach deutlich günstiger aus als die der Steuersenkung: Die Einmalzahlung habe zielgerichtet Haushalte mit Kindern und niedrigen bis mittleren Einkommen erreicht, die im Zuge der Pandemie besonders häufig zusätzliche Ausgaben hätten. Dagegen nutzten vor allem Haushalte mit höheren Einkommen die Gelegenheit, durch die Mehrwertsteuersenkung Anschaffungen zu niedrigeren Preisen vorzuziehen, wie die Studie ergab.
Die IMK-Studie trägt den Titel “Wirkung des Konjunkturpakets 2020: Spürbarer Impuls vom Kinderbonus, wenig Wumms durch Mehrwertsteuersenkung.”
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte im Juni 2020 nach der Einigung der Koalition auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket gesagt, die Regierung wolle “mit Wumms aus der Krise kommen”. Das Paket enthielt unter anderem eine sechsmonatige Mehrwertsteuersenkung um drei Prozentpunkte auf den regulären und zwei Punkte auf den ermäßigten Satz sowie einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind.
“Die Bundesregierung hat im Frühsommer 2020 absolut richtig entschieden, viel Geld in die Hand zu nehmen, um die Konsumnachfrage in der akuten Krise zu beleben und damit den Absturz der deutschen Wirtschaft abzufangen”, erklärte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Die IMK-Analyse liefere nun “starke Indizien dafür, dass der Kinderbonus im Verhältnis zum eingesetzten Steuergeld weitaus mehr ‘Wumms’ gebracht hat als die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer”.
Von den Mitteln für den Bonus flossen demnach knapp zwei Drittel in zusätzlichen Konsum, gut die Hälfte sei sogar schon kurz nach der Auszahlung ausgegeben worden. Die Wissenschaftler verwiesen darauf, dass der Kinderbonus in dem Konjunkturpaket nur einen verhältnismäßig kleinen Teil ausmache. Die Bundesregierung veranschlagte die Kosten des Instruments mit 4,3 Milliarden Euro.
Dagegen legten Berechnungen des Münchner ifo-Instituts nahe, dass von den 20 Milliarden Euro, welche die Mehrwertsteuersenkung den Staat gekostet hat, nur rund ein Drittel in zusätzliche Konsumausgaben geflossen seien.
“Außerdem wirkt der Kinderbonus der Ungleichheit der Einkommen, die 2020 zugenommen haben dürfte, eindeutig entgegen, die Mehrwertsteuersenkung eher weniger”, betonte Dullien.
Der IMK-Direktor und seine Forscherkollegen Jan Behringer und Sebastian Gechert empfehlen deshalb als Fazit ihrer Studie, bei künftigen Konjunkturprogrammen “sowohl aus Effizienz- als auch aus Verteilungsgründen einen größeren Anteil der eingesetzten Mittel für Direktzahlungen zu verwenden und auf vorübergehende Mehrwertsteuersenkungen zu verzichten”.
Für ihre Untersuchung werteten die Wissenschaftler die dritte Welle der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung aus. Dafür wurden im November 2020 mehr als 6100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dieselben Befragten hatten bereits im April und im Juni Auskunft gegeben, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können, wie die Forscher mitteilten.
Quelle: AFP