Russischer Impfstoff-Hersteller erwägt Produktion in deutschem Unternehmen

Copyright Department of Fire and Emergency Services/AFP/Archiv Evan COLLIS

Bei der Herstellung der dringend benötigten Corona-Impfstoffe zeichnet sich eine mögliche Zusammenarbeit Russlands mit einem deutschen Pharma-Unternehmen ab. Der Hersteller des umstrittenen russischen Vakzins Sputnik V habe “Interesse an einem Kooperationspartner für eine mögliche Produktion” und sei in Kontakt mit dem Dessauer Unternehmen IDT Biologika, erklärte das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält eine Zulassung des russischen Impfstoffs in der EU für denkbar.

In der EU ist die Bereitschaft für einen Einsatz von Sputnik V gestiegen, nachdem eine am Dienstag von der renommierten britischen Fachzeitschrift “The Lancet” veröffentlichte Studie diesem eine hohe Wirksamkeit bescheinigte. Demnach schützte das Vakzin in der dritten und letzten Phase der klinischen Studien 91,6 Prozent der Probanden vor einer symptomatischen Covid-19-Erkrankung. Nach Angaben der Autoren wurde der Impfstoff von den Studienteilnehmern zudem gut vertragen.

Russland hatte bereits im Dezember damit begonnen, Risikogruppen mit Sputnik V zu impfen, und im Januar seine großangelegte Impfkampagne gestartet. Zugelassen worden war das vom Gamaleja-Forschungszentrum entwickelte Vakzin in Russland schon im August – noch vor Abschluss der finalen Studien. Dieses Vorgehen war international auf scharfe Kritik und Vorbehalte gestoßen.

Nach Veröffentlichung des Fachartikels äußerte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sich jedoch offen für eine mögliche Zulassung von Sputnik V. Wenn die russischen ebenso wie die chinesischen Hersteller Transparenz zeigten und “alle Daten” zu ihren Vakzinen offenlegten, könnten sie möglicherweise Zulassungen erhalten, wurde von der Leyen von EU-Parlamentariern zitiert. Die Kommissionschefin steht wegen Verzögerungen bei der Lieferung von Impfdosen an die EU-Staaten derzeit stark in der Kritik. 

Auch die Bundesregierung hält eine Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs in der EU für denkbar. “Ich freue mich über jeden Impfstoff, der Wirksamkeit zeigt und sicher ist”, sagte Gesundheitsminister Spahn am Mittwoch. Die nun veröffentlichten Daten seien “ermutigend”, müssten aber noch bei der Behörde eingereicht werden. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert.

Sputnik V habe eine so hohe Wirksamkeit, weil der Impfstoff zwei verschiedene Vektoren nutze für die Erst- und Zweitimpfung, erläuterte Spahn. Das mache es aber auch “deutlich komplexer”, den Impfstoff zu produzieren. Aus Russland habe es die Bitte gegeben, zu schauen, ob es in Deutschland oder Europa Produktionskapazitäten für den Impfstoff gebe.

In diesem Zusammenhang wandten sich das Gamaleja-Forschungszentrum und der Russische Direktinvestmentfonds (RDIF), der die Entwicklung mitfinanziert hatte, an IDT Biologika in Sachsen-Anhalt. Inhalte oder Details der “vertraulichen Gespräche” sind nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums nicht bekannt. Das deutsche Unternehmen arbeitet selbst an einem Corona-Impfstoff, der jedoch in einer ersten klinischen Prüfung die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hatte.

Auch Frankreich und Spanien zeigten sich am Mittwoch offen für den Einsatz des russischen Vakzins, sollte es den europäischen Standards genügen. Angesichts dieser Entwicklung kündigte der Kreml an, Russland werde die Produktion des Mittels hochfahren. Es gebe Pläne für die “sehr nahe Zukunft”, die Produktion auch im Ausland zu ermöglichen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. 

Sputnik V ist bislang in mehr als 15 Ländern zugelassen, darunter Argentinien, Tunesien und Pakistan. In Mexiko, das besonders schwer von der Pandemie betroffen ist, erhielt das russische Vakzin am Dienstag eine Notfallzulassung. Weltweit wurden nach Angaben des RDIF bislang mehr als zwei Millionen Menschen mit dem russischen Vakzin geimpft.

Quelle: AFP

Aktuelle Beiträge

Exklusiv Interviews

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Ihre E-Mail-Adresse wird nur für Werbe-E-Mails und kritische Nachrichtenankündigungen verwendet.