Die Familie des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat sich schwer enttäuscht über das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main geäußert. Insbesondere der Freispruch des Mitangeklagten Markus H. vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord sei für die Familie “nicht nachvollziehbar und schwer zu verkraften”, erklärte deren Sprecher Dirk Metz am Donnerstag. Darüber hinaus blieben auch “zentrale Fragen zum Tatablauf offen”.
“Die verbleibende Ungewissheit, wie die letzten Augenblicke vor der schrecklichen Tat abgelaufen sind, schmerzt sehr”, hieß es in der Erklärung. Die Familie werde trotzdem keine “Gerichtsschelte” betreiben. Sie erinnere sich stattdessen daran, dass auch Lübcke “ein Leben lang für den Rechtsstaat und eine unabhängige Justiz eingetreten ist”. Das habe auch gegolten, “wenn es unbequem war”.
Eine Entscheidung über mögliche Rechtsmittel gegen das Urteil hat die Familie demnach noch nicht getroffen. Sie werde darüber “in Ruhe” entscheiden, erklärte deren Sprecher. Zunächst wolle sie den Tag “sacken lassen”. Der monatelange Prozess im Angesicht der Angeklagten sei für sie eine “Zeit der hohen emotionalen Belastung” gewesen. Sie sei trotzdem überzeugt, mit der Teilnahme am Verfahren “den richtigen Weg gegangen zu sein”.
Lübckes Witwe und dessen zwei Söhne hatten sich als Nebenkläger an dem Prozess beteiligt. Für den Mord verurteilte das OLG am Donnerstag den 47-jährigen Rechtsextremisten Stephan E. zu einer lebenslangen Haftstrafe. Es erkannte außerdem auf die besondere Schwere der Schuld und behielt die Anordnung von Sicherungsverwahrung nach der Gefängnisstrafe vor. Zugleich sprachen die Richter den mitangeklagten Markus H. vom Vorwurf psychischer Beihilfe frei.
Der 44-Jährige wurde lediglich wegen eines Waffendelikts zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Die Familie Lübckes zeigte sich dagegen auch nach dem Prozess überzeugt, dass H. den Mord gemeinsam mit E. plante und bei der Ausführung mit am Tatort war. Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer für H. eine Verurteilung wegen psychischer Beihilfe gefordert.
Quelle: AFP