Gut eine Woche nach der Einigung von Union und SPD hat das Bundeskabinett die Grundgesetzänderung zur Verankerung von Kinderrechten auf den Weg gebracht. Die Ministerrunde billigte am Mittwoch den Entwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), demzufolge es im Grundgesetz künftig heißen soll, dass das Kindeswohl stets angemessen berücksichtigt werden müsse. “Der Schutz der Kinderrechte muss ein Leitbild für unsere Gesellschaft sein”, erklärte Lambrecht.
“Mit der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz machen wir deutlich, dass uns das Wohlergehen von Kindern ganz besonders am Herzen liegt”, erklärte Lambrecht. Kinder seien keine kleinen Erwachsenen. “Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse.”
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sprach von einem “historischen Tag”. Mit dem Vorhaben würden die Rechte von Kindern “ganz explizit in unserem Wertekompass, unserem Grundgesetz verankert”, sagte sie in Berlin.
Kinder sollen der Vorlage zufolge einen verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör erhalten. “Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt”, heißt es in dem geplanten neuen Grundgesetzartikel.
Lambrecht hatte bereits 2019 einen Vorschlag für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz unterbreitet, allerdings zog die Union lange Zeit nicht mit. Die CDU/CSU hatte befürchtet, dass die Rechte der Eltern zu stark beschnitten werden.
Ob die jetzt vom Kabinett beschlossene Formulierung tatsächlich Eingang ins Grundgesetz finden wird, ist allerdings ungewiss. Notwendig für die Grundgesetzänderung sind Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat, wofür auch die Zustimmung der Grünen erforderlich ist. Sie halten die vorgeschlagene Formulierung aber nicht für ausreichend und wollen sie daher nicht mittragen.
Lambrecht rief alle Beteiligten zur Kompromissbereitschaft auf. “Wir dürfen diese historische Chance auf eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht ungenutzt verstreichen lassen”, erklärte sie.
Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Katja Mast zeigte sich erleichtert über den Kabinettsbeschluss. “Wir haben jetzt die große historische Chance, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern und damit Kinder und Familien an entscheidender Stelle weiter zu stärken”, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Die Neuregelung werde sich ganz praktisch beispielsweise in Kita und Schule, im Jugendhilfe-, Straßenverkehrs- und Baurecht auswirken.
Die Linke hingegen kritisierte die Vorlage als unzureichend. “Der Vorschlag selbst bringt keinerlei Verbesserungen für Kinder und fällt hinter bestehende internationale, europäische und selbst deutsche Standards zurück”, erklärte der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Linksfraktion, Norbert Müller. Er mahnte eine Formulierung an, die “substanziell Beteiligungsrechte von Kindern stärkt und den Vorrang des Kindeswohls sichert”.
Quelle: AFP