Die in der Corona-Pandemie vereinfachten Regeln für den Zugang zu Hartz IV sollen laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) langfristig in Kraft bleiben. Die Ausnahmen sollten dauerhaft gelten, sagte er dem “Spiegel” laut Vorabbericht vom Freitag. Demnach ist eine solche Verstetigung Teil eines Gesetzentwurfs aus Heils Ministerium zur Reform der Grundsicherung.
“Aktuell prüfen die Jobcenter nicht, wie groß eine Wohnung ist oder ob jemand Ersparnisse bis 60.000 Euro hat”, sagte der Minister dem Magazin. “Mein Vorschlag ist, dass wir während einer Karenzzeit von zwei Jahren Vermögen bis zu der genannten Summe schützen und Mietkosten nicht auf ihre Angemessenheit prüfen.”
Zu dem Gesetzentwurf sagte Heil außerdem: “Die Grundsicherung soll ein soziales Bürgergeld werden, für das sich niemand schämen muss, der es braucht.” Um Menschen schneller aus der Grundsicherung herauszuhelfen, sollten künftig “Weiterbildung und ein Berufsabschluss Vorrang vor kurzfristiger Vermittlung in Arbeit haben”. Wer eine Weiterbildung mache, solle einen Bonus von 75 Euro im Monat bekommen.
Heil zeigte sich zugleich unzufrieden mit der Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen sozialen Schichten der Gesellschaft. Diese sei “nach wie vor zu gering”. Für Langzeitarbeitslose und Menschen, die im prekären Bereich arbeiten, existierten zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten.
Grund sei auch ein Mangel an Bildungschancen, sagte Heil. Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung und zu wenig Möglichkeiten, diese nachzuholen. “Unsere sozialen Sicherungssysteme schützen zwar, aber sie ermöglichen zu selten sozialen Aufstieg”, resümierte der Minister.
Aus einem ersten Entwurf für den neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung geht laut “Spiegel” hervor, dass das Armutsrisiko in Deutschland trotz kräftig gestiegener Löhne in den vergangenen Jahren nicht gesunken ist. “Tatsächlich sind ja im unteren Bereich die Löhne gestiegen, auch durch den Mindestlohn. Der Abstand zur Mitte ist aber gleichgeblieben”, sagte dazu Heil.
Wer Teilzeit arbeitet, hat dem Bericht zufolge ein über doppelt so hohes Armutsrisiko wie eine Vollzeitkraft. Stärker bedroht seien auch Menschen mit geringer Bildung und Menschen mit Migrationshintergrund.
Quelle: AFP