Vor dem Corona-Krisengipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Dienstag stehen die Zeichen auf eine Verlängerung des harten Lockdowns. Die Länderchefs hätten “weitgehendes Einvernehmen” über eine Verlängerung der Restriktionen bis zum 31. Januar erzielt, meldete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montagabend. Strittig war demnach aber noch, wie mit den Schulen und Kitas verfahren werden soll, die ebenso wie der Einzelhandel seit Mitte Dezember weitgehend geschlossen sind.
Der harte Lockdown ist bisher bis zum kommenden Sonntag befristet. Bei den Beratungen der Kanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer (ab 11.00 Uhr) soll über das weitere Vorgehen entschieden werden. Bereits in den vergangenen Tagen hatte sich ein breiter Konsens über eine Verlängerung des harten Lockdowns abgezeichnet.
Laut dem RND sieht eine von Berlin und Hessen vorgelegte Beschlussempfehlung der Länder auch vor, dass für Schnelltests in Alten- und Pflegeeinrichtungen zusätzliches Personal rekrutiert werden soll. Voraussichtlich am 27. Januar wollen sich die Regierungschefs der Länder demnach wieder zusammenschalten.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte ein bundesweit einheitliches Vorgehen gegen die Pandemie. Dazu seien bei dem Bund-Länder-Gipfel “verbindliche Beschlüsse” erforderlich, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der Funke Mediengruppe.
Der Deutsche Städtetag warnte vor vorschnellen Lockerungen der Corona-Restriktionen durch einzelne Bundesländer. Die Maßnahmen sollten “so lange nicht gelockert werden, bis in ganz Deutschland ein stabiler Abwärtstrend der Neuinfektionen erkennbar ist”, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung den Funke-Zeitungen. Der Lockdown werde nur dann “nachhaltig wirken, wenn er bundesweit fortgesetzt und nicht in einzelnen Ländern aufgeweicht wird”.
Zu den zentralen Themen des Bund-Länder-Gipfels dürfte auch der Ablauf der Impfkampagne gehören, die direkt nach Weihnachten gestartet war. In den vergangenen Tagen war aus den Reihen der SPD Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wegen des relativ langsamen Starts der Impfungen und der Menge des bestellten Impfstoffs laut geworden.
Am Rande einer Sitzung des Corona-Kabinetts am Montag soll Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz nach RND-Informationen von Spahn Aufklärung über die Versorgung mit Impfstoff verlangt haben. Scholz habe den Gesundheitsminister auf einen vierseitigen Fragenkatalog hingewiesen, den er gemeinsam mit den SPD-Länderchefs erarbeitet und an das Kanzleramt gesendet habe.
Darin werde unter anderem gefragt, warum die EU-Kommission “so wenig Impfdosen vorbestellt” habe und warum “nicht Teile der von der EU nicht in Anspruch genommenen Dosen (…) für Deutschland bestellt” würden, berichtete das RND. Spahn bekräftigte am Montag seine Zielsetzung, im Sommer allen Interessierten in Deutschland eine Impfung gegen das Coronavirus anbieten zu können. “Das Ziel ist und bleibt es, allen Deutschen im Sommer ein Impfangebot zu machen”, erklärte er.
Der SPD-Rechtsexperte Florian Post forderte einen Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Prüfung der Impfkampagne. Merkel und Spahn hätten die Impfstoff-Beschaffung “den Dilettanten” um EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen anvertraut, sagte der Bundestagsabgeordnete der “Bild-Zeitung. Unter deren “Versagen” litten nun hunderttausende Senioren und Pfleger in Deutschland, die auf ihren Impfstoff warten müssten. “Dieser Skandal muss in Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im EU-Parlament aufgeklärt werden”, sagte Post.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warnte die SPD vor parteipolitischen Profilierungsversuchen in der Impf-Debatte. Deutschland habe sich während der Pandemie von anderen Ländern bislang dadurch unterschieden, dass “die Krise nicht parteipolitisch aufgeladen wurde”, sagte er dem RND. Dies habe bisher nur ein Akteur getan, nämlich die AfD. Alle anderen Parteien hätten hingegen zusammengehalten und das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. “Diesen Pfad sollte die SPD jetzt nicht verlassen”, sagte Kretschmer.
Quelle: AFP