Die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit werden sich nach Angaben der EU-Kommission noch durch die ganze Nacht zum Donnerstag ziehen. “Die Brexit-Arbeit wird durch die Nacht weitergehen”, schrieb Kommissionssprecher Eric Mamer um kurz nach 02.00 Uhr MEZ im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er empfehle “allen Brexit-Beobachtern, sich zu diesem Zeitpunkt etwas Schlaf zu besorgen”.
Eine Einigung war in den Verhandlungen zuletzt in Reichweite gerückt. Ein Diplomat hatte am späten Abend gesagt, die EU-Mitgliedstaaten prüften jetzt noch, ob alle notwendigen Garantien in einem vorliegenden Kompromissvorschlag enthalten seien. Dies könne die ganze Nacht dauern. Wenn alles gut gehe, könne ein Abkommen am Donnerstagmorgen vorliegen.
“Wir sind in der finalen Phase”, hieß es am Mittwochnachmittag aus EU-Kreisen. Aus französischen Regierungskreisen verlautete, die Briten hätten “enorme Zugeständnisse” gemacht. Dabei sei es um die bis zuletzt umstrittene Frage der künftigen Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern gegangen. Sie sind Küstenländern wie Frankreich besonders wichtig.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Seit zehn Monaten verhandeln Brüssel und London nun bereits über ein Handelsabkommen. Hauptstreitpunkte waren neben der Fischerei die Wettbewerbsbedingungen für britische und EU-Firmen sowie die Kontrolle eines künftigen Abkommens.
Falls die Verhandlungsführer einen Durchbruch erzielen, müssten noch die Regierungen aller 27 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Dazu könnte es zunächst ein Treffen der EU-Botschafter in Brüssel geben. Danach würde der Text in den Hauptstädten geprüft. Es könne deshalb mehrere Tage dauern, bis das grüne Licht der EU vorliege, hieß es aus EU-Kreisen.
Ohne Abkommen würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle nach Konditionen der Welthandelsorganisation (WTO) erhoben. Wirtschaftsverbände rechnen für diesen Fall massive Staus an den Grenzen im Lieferverkehr sowie die Unterbrechung wichtiger Lieferketten der Industrie und warnen vor Milliarden an Mehrkosten und Einnahmeausfällen.