Ein türkisches Gericht hat die kurdische Ex-Parlamentsabgeordnete Leyla Güven wegen Terrorismus-Vorwürfen zu 22 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP am Montag berichtete, befand das Gericht in Diyabarkir die 56-jährige Politikerin der pro-kurdischen HDP der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sowie der Verbreitung von Terror-Propaganda schuldig. Ihr Anwalt kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Bei der Urteilsverkündung war Güven nicht anwesend. Ihr Aufenthaltsort war zunächst unklar. Das Gericht ordnete Güvens sofortige Verhaftung an.
“Diese Verurteilung ist ein konkretes Beispiel für die Anwendung eines Feindstrafrechts gegen die Kurden”, sagte HDP-Sprecher Ebru Günay. Als Feindstrafrecht wird ein Strafrecht bezeichnet, das bestimmte Gruppen als Feinde der Gesellschaft behandelt.
Im Juni hatten die Behörden Güven und zwei weiteren Oppositionspolitikern ihre Abgeordnetenmandate entzogen. Alle drei wurden festgenommen. Die HDP hatte die Festnahmen als “gesetzeswidrigen Schritt” bezeichnet. Anhänger der Opposition sprachen von einem “Putsch im Parlament”.
Güven hatte im Jahr 2018 international Aufmerksamkeit erregt, als sie in einen 200-tägigen Hungerstreik trat. Sie hatte die Freilassung des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan gefordert. Öcalan sitzt seit Februar 1999 eine lebenslange Freiheitsstrafe in fast völliger Isolation ab.
Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei im türkischen Parlament. Sie gerät immer wieder wegen angeblicher Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ins Visier der Justiz: Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der PKK zu sein. Die HPD streitet diese Vorwürfe vehement ab. Dutzende HDP-Bürgermeister und andere Parteimitglieder wurden im vergangenen Jahr in Haft genommen. Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Festnahmen.