Mehr als 1,2 Millionen Barrieren durchziehen Europas Flüsse – fast doppelt so viele wie bisher angenommen. “Das Ausmaß der Flussfragmentierung in Europa ist viel höher als irgendjemand erwartet hätte”, teilte die Leiterin der in der Zeitschrift “Nature” veröffentlichten Studie, Barbara Belletti von der Polytechnischen Universität Mailand, am Mittwoch mit. Dadurch würden einige der vielfältigsten Ökosysteme der Welt bedroht.
Die Forscher analysierten mehr als 120 Datenbanken und inspizierten zu Fuß mehr als 2700 Kilometer Flussläufe. Bei ihren Exkursionen fanden sie der Studie zufolge im Schnitt doppelt so viele Hindernisse wie in den Datenbanken erfasst waren. Bei 629.955 registrierten Bauwerken schätzen sie die Gesamtzahl der Hindernisse daher auf mehr als 1,2 Millionen.
Europa habe demnach “möglicherweise das fragmentierteste Flussnetz der Welt”, schreiben die Forscher, zu denen auch Christiane Zarfl von der Universität Tübingen gehört. Den Forschern zufolge sind insbesondere kleine Bauwerke wie Wehre und Schleusen häufig nicht erfasst. Dabei stellten sie in ihrer Masse eine größere Gefahr für die Ökosysteme der Flüsse dar als große Staudämme, etwa weil sie den Lebensraum von Fischen einschränken.
Mehr als 90 Prozent der Barrieren seien weniger als fünf Meter hoch. Dämme mit mehr als 15 Metern Höhe machten hingegen weniger als ein Prozent aus. Darin liegt laut den Forschern eine Chance: Viele der Barrieren seien “alt, klein und überflüssig”. Sie könnten leicht entfernt werden. “Obwohl große Staudämme die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sind es die kleinen Barrieren, die zusammen den größten Schaden verursachen”, schreiben sie.