Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen erstmals kleiner als 20 Prozent

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Der Abstand zwischen Männern und Frauen bei Löhnen und Gehältern ist etwas kleiner geworden, bleibt in Deutschland aber weiter deutlich über dem EU-Durchschnitt. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, verdienten Frauen im Jahr 2019 durchschnittlich 19 Prozent weniger als Männer. Der Verdienstunterschied – der so genannte Gender Pay Gap – war damit um einen Prozentpunkt geringer als 2018 und fiel erstmals unter 20 Prozent.

Der Gender Pay Gap ist die Differenz der durchschnittlichen Bruttostundenverdienste. Unbereinigt vergleicht er allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Ein großer Teil des Verdienstunterschieds ist darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Branchen und Berufen arbeiten und seltener Führungspositionen erreichen.

Werden Frauen und Männer mit vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit verglichen, ist der Lohnunterschied niedriger. Dieser bereinigte Gender Pay Gap wird alle vier Jahre erhoben. 2018 verharrte er wie bereits 2014 bei sechs Prozent; im Jahr 2010 hatte der Unterschied sieben Prozent betragen und 2006 acht Prozent.

Im europäischen Vergleich für den unbereinigten Gender Pay Gap liegen nach Angaben des Bundesamtes erst für das Jahr 2018 endgültige Ergebnisse vor. Mit 20 Prozent lag die Lücke in Deutschland demnach deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen Union von 15 Prozent. 

Von den 28 EU-Staaten im Jahr 2018 wies nur Estland mit 22 Prozent einen noch höheren geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied auf. Auf ähnlichem Niveau wie Deutschland lagen Österreich, Tschechien, Großbritannien, die Slowakei und Lettland. Die Staaten mit den EU-weit geringsten geschlechtsspezifischen Unterschieden im Bruttostundenverdienst waren Luxemburg (ein Prozent), Rumänien (zwei Prozent) sowie Italien (vier Prozent). 

Innerhalb Deutschlands gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede: In Ostdeutschland fällt der unbereinigte Gender Pay Gap weiter deutlich geringer aus als in Westdeutschland. Dabei sank der Verdienstunterschied den Statistikern zufolge 2019 im Westen um einen Prozentpunkt auf 20 Prozent, während er im Osten mit sieben Prozent unverändert blieb – insgesamt ergibt sich daraus der unbereinigte Gender Pay Gap von 19 Prozent. 

Über einen längeren Zeitraum betrachtet, zeigt sich für Gesamtdeutschland laut Bundesamt ein langsamer, aber stetiger Rückgang des Verdienstunterschieds. So habe dieser 2014 mit 22 Prozent um drei Prozentpunkte höher gelegen als 2019. 

Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack, mahnte mehr Tempo bei der Bekämpfung der Entgeltlücke an. “Die Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen müssen in unserem Land einfach besser werden”, forderte sie. Erst eine “zuverlässige, hochwertige und bedarfsgerechte Infrastruktur für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen” mache eine eigenständige Erwerbsbiografie von Frauen möglich. “Und dass viele typische Frauenberufe zwar systemrelevant, aber dennoch unterbezahlt sind, ist überhaupt nicht akzeptabel”, kritisierte Hannack.

Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Doris Achelwilm, erklärte, es sei zu erwarten, dass das “minimale Vorankommen im Jahr 2020” künftig wieder aufgezehrt werde, “weil Frauen im Zuge der pandemiebedingten Einschränkungen nachweislich stärker als Männer bei der Erwerbsarbeit zurückstecken”. Die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung sei weiterhin zu defensiv.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln verwies unterdessen darauf, dass auch die bereinigte Entgeltlücke letztlich kein verlässlicher Indikator für eine mögliche Benachteiligung sei. Je mehr lohnbestimmende Informationen zur Verfügung stünden, “desto geringer dürfte diese Lücke ausfallen”, teilte das IW mit. Eine Rolle spielen könnten demnach auch etwa fehlende Details zu Tätigkeitsanforderungen, Führungspositionen oder Erwerbsunterbrechungen – oder auch “unterschiedliche Verhandlungsstrategien in Gehaltsgesprächen oder Präferenzunterschiede bei berufsbezogenen Merkmalen”.

© Agence France-Presse

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