Wiederverwendbare Verpackungen statt Plastikbecher oder Styropor-Schalen – Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will Verbrauchern künftig die Wahl geben. Ihr Ministerium stellte am Freitag einen Entwurf zur Änderung des Verpackungsgesetzes vor, wonach Cafés und Restaurants ab 2022 Mehrweg-Alternativen für Waren zum Mitnehmen anbieten müssen. “Wir haben einfach noch viel zu viele Verpackungsabfälle, und das wollen wir weiter eindämmen”, sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth.
Der Referentenentwurf zur Gesetzesänderung, der momentan zur Anhörung bei Bundesländern und Verbänden liegt, soll zwingende Kunststoff- und Abfallvorgaben der EU in deutsches Recht umsetzen und zur Müllvermeidung beitragen. Flasbarth verwies in erster Linie auf Kunststoffabfälle, von denen mehr als die Hälfte im Verpackungsbereich anfielen. Daher müssten dort auch die “Stellschrauben” nachgezogen werden.
Laut Ministerium (BMU) sollen sich die Verbraucher bei Speisen zum Sofortverzehr sowie Getränken stets “zwischen Einweg- und Mehrwegverpackung entscheiden können”. Letztere dürfen laut der geplanten Novelle dabei nicht teurer sein und müssen vom jeweiligen Restaurant oder Café auch zurückgenommen werden. Kleine Geschäfte mit höchstens drei Mitarbeitern sind demnach von der Pflicht ausgenommen, müssen ihren Kunden Essen oder Getränk aber auf Wunsch in mitgebrachte Behälter abfüllen.
“Diese ganze Mentalität – einmal nutzen, weg und hopp – das muss jetzt mal aufhören”, sagte Ministerin Schulze dem SWR. “Wir brauchen andere Angebote.”
Lob kam von der Deutschen Umwelthilfe (DUH): Die Novelle sei “ein erster richtiger Schritt”, erklärte die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Damit Mehrweg-Verpackungen aber auch “wirklich in der Breite Anwendung finden”, brauche es eine verbindliche Quote und deutlich höhere Preise für Einweg, forderte sie.
Ähnlich sehen es die Grünen: Das bloße Mehrwegangebot sei “kein großer Wurf” und finde sich beispielsweise schon in vielen Café-Ketten – aber “ohne nennenswerte Effekte für die Abfallvermeidung”, kritisierte Bundestagsfraktions-Sprecherin Bettina Hoffmann.
Die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Judith Skudelny, bezeichnete den Vorstoß der Bundesministerin sogar als “Farce” und kritisierte nicht nur die Anschaffungskosten für Gastronomen: “Auf einmal zählt das Argument der Hygiene-Unsicherheit bei Mehrweg-Behältern nicht mehr, was gerade in einer Pandemie äußerst fragwürdig ist.” Schulze wisse allerdings ohnehin, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werde, zeigte sich Skudelny überzeugt.
Laut BMU soll das neue Verpackungsgesetz Anfang Juli 2021 in Kraft treten. Vorher müssen allerdings noch das Kabinett und der Bundestag zustimmen.
Der Entwurf sieht auch vor, dass PET-Flaschen ab 2025 mindestens zu einem Viertel aus recyceltem Plastik bestehen müssen. Insgesamt sollen der Wirtschaft demnach allerdings höhere Entlastungen als Kosten entstehen.
Das BMU will zudem Ausnahmen bei der Einwegpfandpflicht auf Dosen und PET-Flaschen streichen: Künftig soll auf diese Verpackungen generell Pfand erhoben werden, “völlig egal, was drin ist”, wie Flasbarth sagte. Das heißt: Auch alle entsprechend abgefüllten Mischgetränke, Säfte und Alkoholika würden pfandpflichtig. Den Verbrauchern sei bislang ohnehin oft nicht klar, warum bestimmte Getränke pfandpflichtig sind, andere in gleicher Verpackung aber nicht, sagte Flasbarth.
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