Selbstständige und Kleinstunternehmen mit geringem Umsatz können nicht gezwungen werden, ihre Steuererklärung elektronisch abzugeben. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Er hob damit eine Zwangsgeldandrohung gegen einen Physiotherapeuten auf. (Az: VIII R 29/19)
Dieser arbeitete selbstständig und ohne eigene Praxis oder Büroräume. Seine Steuererklärung hatte er immer handschriftlich auf den entsprechenden Formularen abgegeben. So gab er für 2017 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit von rund 14.500 Euro an.
Anders als in den Vorjahren akzeptierte das Finanzamt dies nicht mehr. Es forderte den Physiotherapeuten auf, seine Steuererklärung elektronisch abzugeben. Andernfalls drohe ein Zwangsgeld von 200 Euro.
Die elektronische Abgabe der Steuererklärung ist inzwischen grundsätzlich Pflicht, in Härtefällen ist aber eine Befreiung möglich. Einen entsprechenden Antrag lehnte hier das Finanzamt aber ab.
Der Physiotherapeut klagte und hatte, wie schon vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg, nun auch vor dem BFH Erfolg. Danach ist die elektronische Abgabe der Steuererklärung “wirtschaftlich unzumutbar, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften steht”.
Hier hatte der Physiotherapeut angegeben, er habe zwar einen Computer, aber keinen Internetzugang. Der BFH stellte insbesondere aber auch auf die Umsätze ab. Mit der Härteklausel habe der Gesetzgeber “Kleinstbetriebe” privilegieren wollen. Bei Umsätzen von rund 14.500 Euro pro Jahr sei die selbstständige Tätigkeit einem Kleinstbetrieb vergleichbar.
“Die elektronische Erklärungsabgabe konnte daher nicht rechtmäßig angeordnet werden und so auch das Zwangsgeld zu ihrer Durchsetzung keinen Bestand haben”, urteilten die obersten Finanzrichter in München.
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