Nachtzielgeräte für die Wildschweinjagd und ein stärkerer Fokus auf den Schutz junger Bäume: Neue Regeln für die Jagd sollen der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest und dem Schutz der vielerorts stark in Mitleidenschaft gezogenen Wälder zugute kommen. Das Bundeskabinett beschloss dafür am Mittwoch einen Entwurf von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes. Die Umweltschutzorganisation BUND erklärte, der Waldumbau sei “zentral im Kampf gegen die Klimakrise”.
Mit der Novellierung steht die erste größere Reform des Bundesjagdgesetzes seit 1976 bevor. Vorgesehen ist unter anderem, dass das Verbot für Nachtzieltechnik und Infrarotaufheller bei der Jagd auf Schwarzwild aufgehoben wird, wie das Agrarministerium erklärte. Derzeit gibt es in den von der Schweinepest betroffenen Gebieten eine verstärkte Jagd auf Wildschweine. Hintergrund ist, dass die Tierseuche leicht von Schwein zu Schwein übertragen werden kann und insbesondere Schweinefleischproduzenten eine Ausbreitung auch auf Hausschweinbestände fürchten.
Klöckner bezeichnete die Jäger am Mittwoch als “wichtige Partner bei der Bekämpfung der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest”. Zugleich betonte sie, dass “nach so vielen Jahren” eine Anpassung des Bundesjagdgesetzes notwendig geworden sei und damit ein “nachhaltiger Waldumbau” flankiert werden solle.
Ein zentraler Punkt ist hierbei, dass nach Angaben von Klöckners Ministerium bundesweit rund 33 Prozent der jungen Bäume “verbissen” sind – also Wildtiere wichtige Triebe der Pflanze abgebissen haben. Zugleich wird derzeit versucht, dass die Wälder wegen der teils großen Waldschäden durch die Extremwetterereignisse der vergangenen Jahre zu “klimastabilen Mischwäldern” aufgeforstet werden.
Dies erfordere “die Anpassung überhöhter Rehwildbestände auf ein Maß, das für den Wald verträglich ist und auch das Wachsen der jungen Bäume ermöglicht”, erklärte Klöckners Ministerium. Neu ist nun, dass der Wildbestand künftig “vor Ort”, durch Absprache zwischen den Beteiligten, “angemessen angepasst” werden soll, wie Klöckner es formuliert.
Konkret soll die bisherige behördliche Abschussplanung für Rehwild abgeschafft werden. Stattdessen sollen sich die Jagdgenossenschaften beziehungsweise Grundeigentümer und Jagdpächter künftig “eigenverantwortlich über einen jährlichen Abschusskorridor für Rehwild” verständigen, erläuterte das Ministerium. Grundlage für die Einigung sollen dabei Vegetationsgutachten sein, die auch eine Lebensraumanalyse des Rehwildes beinhalten. Wenn die Parteien sich nicht einigen, soll die Jagdbehörde die Abschussquote festlegen.
Von Umweltschützern gibt es dafür Zustimmung: “Wir können es uns im Angesicht der Klimakrise nicht leisten, die natürliche Verjüngung der Wälder weiter insbesondere durch zu hohe Rehbestände zu gefährden”, erklärte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. “Nur wenn das Wildtiermanagement der natürlichen Verjüngung von Laubbäumen eine Chance lässt, kann uns der Waldumbau noch gelingen.”
Der Deutsche Jagdverband (DJV) kritisierte indes, dass der Regierungsentwurf “in Tendenzen wildfeindlich” sei. Es entstehe der Eindruck, dass der zweifelsohne notwendige Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern “nur mit dem Gewehr” gelingen könne. Wenn der Fokus weiterhin auf verbissenen Bäumen liege, drohe das Wild den forstlichen Interessen geopfert zu werden. Nicht jeder Verbiss sei ein Schaden, “denn auch das Wild hat ein Existenzrecht und muss in seinem Lebensraum Nahrung finden können”, erklärte DJV-Vizepräsident Ralph Müller-Schallenberg.
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