Verbraucherschützer haben die deutschen Energiekonzerne zu Strompreissenkungen aufgefordert. Angesichts der erheblich niedrigeren Preise an den Strombörsen und der ab Januar zusätzlich sinkenden staatlichen EEG-Umlage müssten Anbieter ihre Kunden im nächsten Jahr entlasten, erklärte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am Donnerstag in Stuttgart. Für Privathaushalte sind die Strom- und Gaspreise in Deutschland laut Statistischem Bundesamt zuletzt gestiegen.
Die Strompreise erhöhten sich laut Statistik im ersten Halbjahr des laufenden Jahres im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2019 um 6,8 Prozent. Sie lagen im Schnitt bei nunmehr 31,94 Cent pro Kilowattstunde. Erdgas kostete einen Privathaushalt im Durchschnitt 5,99 Cent je Kilowattstunde und damit 2,7 Prozent mehr als in dem vorangegangenen Halbjahr.
Laut Statistik profitierten nur rund 13 Prozent der Strom- und acht Prozent der Gasverbraucher bereits im ersten Halbjahr 2020 rückwirkend von der befristeten Mehrwertsteuersenkung, die die Bundesregierung zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise beschlossen hatte. Die Statistiker beriefen sich auf Angaben, die die Energieversorger selbst machten.
Den deutlichen Strompreisanstieg führte das Bundesamt für Statistik auf höhere Netzentgelte sowie höhere Kosten für die Strombeschaffung und den Vertrieb zurück. Mit 16,4 Cent je Kilowattstunde machten Steuern und Abgaben dennoch weiter gut die Hälfte des Strompreises aus.
Die Stuttgarter Verbraucherzentrale erklärte, die Anbieter hätten Preiserhöhungen in der Vergangenheit immer wieder mit steigenden Großhandelspreisen sowie Erhöhungen bei der EEG-Umlage zum Ausbau erneuerbarer Energien begründet. Das könne für das kommende Jahr nicht gelten, erklärte Energieexperte Matthias Bauer: “Für das Belieferungsjahr 2021 darf es zu keiner Strompreiserhöhung kommen. Im Gegenteil: Auch Preissenkungen müssen an Verbraucher weitergegeben werden.”
Bauer verwies in diesem Zusammenhang auch auf Ankündigungen von Stromnetzbetreibern, die Netzentgelte zu erhöhen. Kunden sollten die nächsten Schreiben ihrer Stromanbieter insgesamt sehr genau prüfen, riet er. Diese versteckten Preiserhöhungen gern “zwischen blumigen Service-Versprechen und belanglosen Werbetexten” auf der zweiten oder dritten Seite. Er forderte strengere Vorgaben der Politik zur übersichtlichen Gestaltung von Erhöhungsankündigungen.
Laut Bundesamt variierten Stromkosten und Preisanstieg im ersten Halbjahr stark mit dem entsprechenden Jahresverbrauch. So stieg der Preis bei einem Verbrauch von unter 1000 Kilowattstunden im Gesamtjahr um vier Prozent auf 47,52 Cent. Ab einem Verbrauch von 15.000 Kilowattstunden betrug der Anstieg 8,8 Prozent – dennoch war der Preis mit 25,79 Cent dabei noch deutlich günstiger.
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