Verzweiflung bei Pariser Barbetreibern, Erleichterung in Restaurants: Wegen der massiv gestiegenen Infektionszahlen in der französischen Hauptstadt müssen nach Angaben der Präfektur vom Montag alle Bars und Cafés schließen, Restaurants können aber vorerst offen bleiben. Unter anderem für Altenheime, Universitäten und Einkaufszentren werden die Auflagen verschärft. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo nannte die Lage “sehr ernst”.
Die Schließung der Bars soll nach Regierungsangaben verhindern, dass junge Menschen dort bis in die Nacht feiern und die Corona-Schutzmaßnahmen missachten. Bei jungen Leuten breitet sich das Virus in Frankreich derzeit besonders stark aus – die Regierung befürchtet, dass sie zunehmend Risikogruppen anstecken und die Krankenhäuser bereits ab November wieder an ihre Grenzen stoßen.
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin räumte ein, dass die Schließung von Cafés und Bars viele Menschen “hart” treffen werde. “Wir sind Franzosen – wir lieben es zu trinken, essen, leben, lachen und einander zu küssen”, sagte er.
Der Hotel- und Gaststättenverband Umih äußerte sich “extrem alarmiert” über die neuen Maßnahmen. Laut einer Umfrage befürworten 61 Prozent der Bewohner des Pariser Großraums die Schließung der Bars.
Restaurantbetreiber dürfen nach harten Verhandlungen mit der Regierung dagegen in ganz Frankreich weiter Gäste empfangen – dies gilt auch für den besonders betroffenen Ballungsraum Marseille, wo die Gaststätten vor einer Woche zunächst schließen mussten.
Auflage ist ein besserer Schutz der Gäste: So dürfen nur noch maximal sechs Menschen an einem Tisch Platz nehmen statt bisher zehn, und Restaurantbesucher dürfen ihre Maske nur noch zum Essen und Trinken abnehmen. Wie in Deutschland bereits üblich, müssen Gäste zudem ihre Kontaktdaten hinterlassen, damit Infektionsketten nachvollzogen werden können.
Bei Gastwirten sorgte dies für Unmut: “Die Regierung schlägt auf uns ein, als würde sich das Virus nur bei uns ausbreiten”, sagte ein wütender Barbetreiber in Paris.
Nach Angaben der Pariser Präfektur gilt ab Dienstag die höchste Warnstufe tiefrot: Messen und Kongresse in der Hauptstadt sind abgesagt, an Universitäten dürfen die Hörsäle nur noch zu 50 Prozent belegt sein. Auch Besuche in Altenheimen werden deutlich eingeschränkt, Einkaufszentren müssen die Zahl ihrer Kunden begrenzen.
“Wir müssen die Entwicklung jetzt bremsen, bevor unser Gesundheitssystem überlastet ist”, sagte Polizeipräfekt Didier Lallement. In Paris wurden nach Angaben der regionalen Gesundheitsbehörde zuletzt alle Warnwerte überschritten: Die Zahl der Neuansteckungen liegt bei 270 pro 100.000 Einwohnern, die Intensivstationen sind zu 35 Prozent mit Corona-Patienten belegt.
Die neuen Maßnahmen gelten in Paris und den umliegenden Vororten vorerst für zwei Wochen. Mit allen Einschränkungen müsse “das Leben weitergehen”, sagte Bürgermeisterin Hidalgo.
Die französische Arbeitsministerin Elisabeth Borne rief Unternehmen in besonders betroffenen Großstädten wie Paris, Marseille, Lyon oder Lille auf, “so weit wie möglich von Bildschirmarbeit” Gebrauch zu machen.
Mit fast 17.000 neu registrierten Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden hatte Frankreich am Wochenende einen neuen Höchststand erreicht. Die Zahl der Todesopfer seit Beginn der Pandemie stieg auf gut 32.200.