Der deutsch-französische Vorschlag zum Kampf gegen die Rezession wegen der Corona-Krise ist in der EU auf Beifall und Kritik gestoßen. Während südliche EU-Länder am Dienstag in dem 500-Milliarden-Euro-Plan einen Schritt in die richtige Richtung sahen, lehnten Länder wie Österreich Hilfen in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen ab. Die EU-Kommission machte klar, dass sie den Plan nicht eins zu eins übernehmen will.
Deutschland und Frankreich wollen mit einem “Fonds zur wirtschaftlichen Erholung” von 500 Milliarden Euro die schwere Rezession in der EU durch die Corona-Pandemie bekämpfen. Anders als bei bisherigen Maßnahmen geht es dabei nicht um Kredite, sondern um Zuschüsse aus dem EU-Haushalt für die am stärksten betroffenen Länder, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die EU-Kommission soll zur Finanzierung gemeinsame Schulden aufnehmen.
Es sei “das erste Mal, dass Deutschland und Frankreich zusammen einen Plan zur Finanzierung neuer Investitionen durch Schulden” vorlegten, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire am Dienstag vor einer Video-Konferenz mit seinen EU-Kollegen. Dies sei “ein historischer Schritt”.
Vor der französischen Nationalversammlung machte Le Maire aber auch deutlich, dass er zähe Verhandlungen auf EU-Ebene erwarte. Er rechne mit einer “schwierigen Partie”, sagte er in Paris. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ging dennoch davon aus, dass der gemeinsame Vorschlag “gut für den notwendigen Konsens in Europa” sei.
Auf Widerstand stößt das Vorhaben bei den “sparsamen Vier”: Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden. “Unsere Position bleibt unverändert”, schrieb der österreichische Kanzler Sebastian Kurz am Montagabend auf Twitter. “Wir sind bereit, den am stärksten betroffenen Ländern mit Krediten zu helfen.” Nicht rückzahlbare Zuschüsse könne es nicht geben, erklärte Kurz laut Bundeskanzleramt in Wien.
Unterstützung für Berlin und Paris kam von Portugals Finanzminister Mário Centeno. Er forderte seine EU-Kollegen auf, sich durch den französisch-deutschen Vorschlag inspirieren zu lassen. “Differenzen in Krisenzeiten zu überbrücken, ist Beweis von Führungsstärke”, erklärte Centeno, der auch Vorsitzender der Gruppe der Euro-Finanzminister ist.
Grünes Licht gab auch Luxemburg. Dessen Finanzminister Pierre Gramegna erklärte, der Vorstoß werde “die Solidarität erhöhen, Wachstum stärken” und zu einer schnelleren umfassenderen Einigung auf EU-Ebene beitragen.
Beifall kam auch aus den hart getroffenen und gleichzeitig bereits hoch verschuldeten Ländern Italien und Spanien, die in der Krise wenig Haushaltsspielräume zur Unterstützung ihrer Wirtschaft haben. Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte sprach von einem “wichtigen ersten Schritt in die richtige Richtung”, Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez von einem “positiven Schritt”.
Die EU-Kommission begrüßte den Plan als Beitrag zu ihrem eigenen Vorschlag, der am Mittwoch kommender Woche vorgestellt werden soll. Es gebe “thematische Überlappungen”, sagte ein Sprecher. Das bedeute aber nicht, dass der Kommissionsplan “eine direkte Kopie des französisch-deutschen Vorschlags sein wird”. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spreche mit allen Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament. Daraus werde “eine Art Synthese” erstellt.
Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis verwies nach den Beratungen der Finanzminister darauf, dass die Kommission ein Volumen nicht nur von hunderten Milliarden, sondern im Bereich von Billionen wolle. Dies bedeute, dass es sowohl um Kredite als auch Zuschüsse gehen müsse. Er sei “optimistisch, dass ein akzeptabler Kompromiss gefunden wird”.
Für eine Umsetzung wäre Einstimmigkeit aller 27 EU-Regierungen notwendig. Aufgrund von Änderungen bei der Finanzierung des EU-Haushalts über von der EU-Kommission aufgenommene Schulden müssten auch nationale Parlamente zustimmen. Zudem muss das Europaparlament grünes Licht geben.
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