Kommunen mahnen in der Debatte um die Lockerung der Corona-Maßnahmen zur Vorsicht. “Wir werden nicht von null auf hundert schalten”, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) der “Süddeutschen Zeitung” vom Samstag. “So lange es nötig ist, müssen wir durchhalten”, sagte der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Der Deutsche Städtetag plädierte für “besonnene bundesweite Schritte”.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Mittwoch über die nächste Phase des Kampfs gegen das neuartige Coronavirus beraten. Dann soll es auch um die Frage gehen, wie es mit den bislang bis zum 19. April befristeten Kontaktbeschränkungen und weiteren Maßnahmen weitergeht.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in seiner Osteransprache, es werde auch nach den Osterferien “nicht einfach so weitergehen können wie vorher”. Wer die Maßnahmen zu früh lockere, “riskiert einen Rückfall”, warnte er laut Redetext. “Es gibt Bereiche, da kann es schneller gehen, es gibt Bereiche, da wird es sicher länger dauern.”
Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) sagte der “Süddeutschen Zeitung”, für sie stehe “der Schutz der Bevölkerung an erster Stelle”. Denkbare Lockerungen müssten “mit einer großen Hygiene-Offensive” einhergehen.
Brandenburgs Ministerpräsident Woidke sagte der Zeitung, erst wenn sich die Situation “deutlich und nachhaltig verbessert, werden wir die Schublade mit den sukzessiven Ausstiegsplänen ziehen”.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”: “Wir können nur um eiserne Geduld bitten.” Sein sächsischer Kollege Kretschmer sagte dem Blatt, die Maßnahmen “entspringen nicht staatlicher Willkür, sondern sie retten Leben”.
Der Präsident des Deutschen Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag, die Städte appellierten an Merkel und die Ministerpräsidenten, “sich in der kommenden Woche auf ein kluges Konzept für eine stufenweise Rückkehr zur Normalität zu verständigen”.
Das Stufenkonzept für eine Rückkehr zur Normalität könne vielleicht regional angepasst werden, Basis müsse aber ein bundesweites Konzept sein, mahnte Jung. Die Menschen müssten nachvollziehen können, was sie erwarte.
FDP-Chef Christian Lindner forderte ebenfalls eine “Öffnungsperspektive”. Dafür solle ein Expertenrat einberufen werden, schrieb er in einem Gastbeitrag für “faz.net”. “Virologen, Staatsrechtler, Mediziner, Ökonomen und Ethiker sollten Regierung und Parlament unabhängig beraten.”
Die Grünen kritisierten die Kommunikation der Bundesregierung zum Thema Lockerungen. “Einerseits sagt sie, sie wolle darüber eigentlich nicht reden, und dann macht sie doch immer wieder Andeutungen”, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter “t-online.de”. “Das sorgt für Verunsicherung.”
Wegen der seit mittlerweile knapp vier Wochen geltenden Einschränkungen befürchtet das Bundesinnenministerium einem Bericht zufolge eine “Isolationsmüdigkeit” der Bevölkerung. Dies sei spätestens nach Ostern zu erwarten, zitierte der “Tagesspiegel” aus einem Strategiepapier des Ministeriums. Dann sei damit zu rechnen “dass die derzeit bestehende hohe Zustimmungsrate für die Maßnahmen massiv sinkt und die Notwendigkeit, Sinnhaftigkeit und rechtliche Zulässigkeit der Maßnahmen deutlich hinterfragt wird”.
cne/cha
© Agence France-Presse