Die Grünen werfen der Bundesregierung vor, nicht genug gegen das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu unternehmen.
„Zwar erkennt die Bundesregierung die dramatische Lage in Gaza an und benennt selbst 470.000 Menschen in akuter Hungersnot, doch sie zieht daraus keine Konsequenzen“, sagte Boris Mijatovic, Grünen-Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, dem „Spiegel“. Anlass der Kritik ist die Antwort der Bundesregierung auf Fragen der Grünen-Bundestagsfraktion zur humanitären Lage in Gaza. In dem Schreiben, über das der „Spiegel“ berichtet, bezeichnet die Bundesregierung die Lage als „unerträglich“.
Im Zentrum der Kritik steht die „Gaza Humanitarian Foundation“ (GHF), eine private Organisation, die im Auftrag der israelischen Regierung seit Ende Mai Lebensmittel an Not leidende Menschen in Gaza verteilt. „Mit Blick auf den neuen Verteilmechanismus der GHF ist es nach Ansicht der Bundesregierung inzwischen offensichtlich, dass dieser nicht in ausreichendem Maß die Zivilbevölkerung erreicht und auch nicht nach den humanitären Prinzipien operiert“, heißt es in dem Schreiben der Bundesregierung. Eine Vereinbarung zwischen der israelischen Regierung und der EU vom 10. Juli, wieder andere Hilfsorganisationen zuzulassen, lobt die Bundesregierung, mahnt aber: „Die Vereinbarung muss jetzt schnell und sichtbar umgesetzt werden.“
Die Bundesregierung fordert in dem Schreiben die israelische Regierung auf, „unverzüglich die vollständige Wiederaufnahme von Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen und es den Vereinten Nationen und den humanitären Organisationen zu ermöglichen, unabhängig und unparteiisch ihre Arbeit zu verrichten“.
Die Gaza Humanitarian Foundation genüge weder humanitären Prinzipien noch erreiche sie die notleidende Bevölkerung zuverlässig, sagte der Grünen-Menschenrechtsexperte Mijatovic dem Nachrichtenmagazin. „Obwohl die Bundesregierung dies einräumt, verharrt sie in einer passiven Zuschauerrolle.“ Nicht einmal die erschütternde Zahl von mehr als 800 getöteten Zivilisten rund um GHF-Verteilzentren bringe Kanzler Merz dazu, politische Schritte gegen die eskalierende humanitäre Katastrophe zu unternehmen. Außenminister Wadephul habe, kritisiert Mijatovic, „seine anfangs deutliche Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza kurz nach Amtsantritt wieder eingestellt“. Das sei „ein fatales Signal“.
dts Nachrichtenagentur