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Äthiopiens Armee meldet Einnahme von Tigrays Hauptstadt Mekele

Copyright AFP/Archiv THIERRY ZOCCOLAN

Die äthiopische Armee hat nach eigenen Angaben die Hauptstadt der abtrünnigen Region Tigray unter ihre Kontrolle gebracht. Die Militäroffensive in der Region sei damit abgeschlossen, schrieb Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed am Samstagabend im Onlinedienst Twitter. Nach Angaben der Regionalregierung hatte die Armee das Stadtzentrum von Mekele mit “schweren Waffen und Artillerie” angegriffen. Zu den Zielen zählten demnach auch Zivilisten und Infrastruktur.

Armeechef Berhanu Jula erklärte, seine Truppen hätten Mekele “vollständig unter Kontrolle” gebracht. Nach Regierungsangaben besetzte die Armee den Flughafen, öffentliche Institutionen, den Sitz der Regionalverwaltung und andere wichtige Einrichtungen. Die bislang in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF gab zunächst keine Erklärung ab. 

Armeechef Berhanu sagte, seine Soldaten machten nun “Jagd auf Mitglieder der TPLF-Junta, die sich verstecken”. Regierungschef Abiy erklärte, die Armee sei bei ihrer Offensive mit “Präzision und der nötigen Sorgfalt” vorgegangen, um zivile Opfer in der 500.000-Einwohner-Stadt zu vermeiden. 

Die Regionalregierung hatte am Nachmittag hingegen erklärt, auch Zivilisten seien zum Ziel der Angriffe geworden. Die Region Tigray rufe “alle, die ein reines Gewissen haben, einschließlich der internationalen Gemeinschaft, dazu auf, die Angriffe und Massaker mit Artillerie und Kampfflugzeugen zu verurteilen”, hieß es in einer im Fernsehen verlesenen Stellungnahme der Regionalregierung. Bereits am Freitag seien “mehrere Viertel in Mekele von Militärflugzeugen bombardiert” worden. 

Die Überprüfung von Aussagen der Konfliktparteien ist schwierig, da die Region seit Beginn der Unruhen praktisch von der Welt abgeschnitten ist.

Äthiopiens Regierungschef Abiy hatte die Offensive am Donnerstag angekündigt. Er habe die Armee angewiesen, “die dritte und letzte Phase” im Vorgehen gegen die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF einzuleiten. 

Menschenrechtsorganisationen hatten im Vorfeld gewarnt, dass die Bombardierung von Mekele ein Kriegsverbrechen darstellen könnte. Die Organisation Human Rights Watch wies darauf hin, dass Warnungen des äthiopischen Militärs an die Zivilbevölkerung allein nicht ausreichen würden. Dies treffe insbesondere dann zu, wenn Luftstreitkräfte und schwere Waffen in überfüllten städtischen Gebieten eingesetzt würden.

In Tigray gibt es bereits seit Monaten Spannungen. Die dort regierende TPLF dominierte drei Jahrzehnte lang die äthiopische Politik, bevor der aktuelle äthiopische Regierungschef Abiy 2018 an die Macht kam. Die TPLF erkennt Abiy nicht an, der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war.

Anfang des Monats sandte Abiy Streitkräfte nach Tigray, wodurch der Konflikt mit der TPLF vollends entbrannte. Abiy hat die Appelle internationaler Politiker, die Kämpfe einzustellen und einen Vermittler in dem Konflikt zuzulassen, zurückgewiesen. Er werde die Militäroffensive in der Region im Norden des Landes fortsetzen, erklärte er am Freitag auch nach Gesprächen mit Gesandten der Afrikanischen Union (AU).

Mehrere tausend Menschen sind nach Schätzungen der auf Konflikte spezialisierten International Crisis Group (ICG) bei den Kämpfen in Äthiopien bisher getötet worden. Mehr als 43.000 Menschen flohen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) aus dem Konfliktgebiet in den benachbarten Sudan. Beobachter befürchteten, dass sich die Gefechte ausweiten und die ganze Region destabilisieren könnten. 

Um die Flüchtlinge zu versorgen braucht der Sudan nach Angaben von UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi umgerechnet rund 125 Millionen Euro. Dieses Geld werde gebracht, um zumindest für sechs Monate die Geflüchteten aus dem Nachbarland zu versorgen. Grandi rief bei einem Besuch in dem rund 80 Kilometer von der Grenze entfernten Flüchtlingslager Um Rakuba die Weltgemeinschaft zu Spenden auf, um den Menschen Wasser, eine Unterkunft und medizinische Versorgung geben zu können.

© Agence France-Presse

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